Wenn sich die Seele verdunkelt
Was können Eltern tun, wenn sich ihr Kind plötzlich stark von den anderen abkapselt, sich nicht mehr zu Freizeitaktionen mit Freunden motivieren kann, keine Freude mehr an Aktivitäten zeigt und sich im schlimmsten Fall mit Autoaggression wie Ritzen, Essstörungen oder Suizidgedanken selbst in Gefahr bringt.
HANDELN!!
Leider ist es häufig zu beobachten, dass die betroffenen Eltern aus Scham, dass es ausgerechnet bei ihnen in der Familie einen Fall von Depression gibt, still schweigen und darauf hoffen, dass es sich von alleine wieder gibt.
Auch Ohnmachtsgefühle und Schulgefühle spielen dabei eine große Rolle … und die lähmende Angst, weil es dafür keine „Betriebsanleitung“ gibt, die dem eigenen Kind da helfen kann.
„Haben wir etwas falsch gemacht?“ ist die häufigste Frage, die dann gestellt wird.
Vielleicht sollten wir alles uns erste einmal wieder bewusst machen, dass es in diesem Sinne keine Fehler und Schuldzuweisung gibt bzw. Sinn macht. Das einzige, richtige Verhalten, das jetzt zählt ist das aktiv werden, um dem Kind zu helfen.
„Was werden die Nachbarn, Freunde und die Familie sagen, wenn sie erfahren, dass wir deswegen in Behandlung oder auf Kur sind?“ Sind denn das wirklich die Fragen, um die es geht? Oder wäre es jetzt nicht endlich an der Zeit zu fragen: „Wie können wir unserem Kind helfen?“
Je früher in den zerstörerischen Prozess einer Depression eingegriffen wird, desto schneller und leichter kann dem Kind geholfen werden. Es geht hier um die Bitte, die Augen davor nicht zu verschließen, sondern genau hin zu sehen.
Zum Beispiel haben Mädchen, die sich ritzen, bewusste Vermeidungsstrategien entwickelt, um die geschundenen Körperteile vor den Blicken ihrer Familie zu verbergen. Doch wer genau hin sieht, dem fällt eben genau dieses Verhalten auf und dem wird bewusst, dass die Seele des Kindes schon weit vorher um Hilfe bittet. Vertrauen spielt jetzt eine ebenso große Rolle wie das die deutlichen Signale an das Kind, dass gemeinsam einen Weg aus diesem psychischen Tunnel gefunden wird.
Wichtig ist dabei, sich einige Fakten bewusst zu machen.
Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen. Etwa eines von 100 Kindern im Vorschul- und zwei von 100 Kindern im Grundschulalter sind in Deutschland davon betroffen, schätzt das Deutsche Bündnis gegen Depression. Insgesamt leiden diesen Schätzungen zufolge drei bis zehn Prozent aller Jugendlichen von zwölf bis 17 Jahren unter der psychischen Erkrankung.
Die Schwierigkeit bei der Diagnose einer Depression liegt darin, dass „auffällige Symptome“ für viele Jugendliche in der Pubertät, die zum Glück größtenteils alle gesund sind, zutreffen: Antriebs- und Lustlosigkeit, Stimmungsschwankungen, vermehrter oder reduzierter Appetit, launisches oder aggressives Verhalten und Rückzug ….
Wer einen Jugendlichen daheim gerade auf dieses Verhalten hin „abcheckt“ wird fast alle Punkte mehr oder weniger ausgeprägt vorfinden.
Doch bitte GENAU hinsehen. Denn wenn über mehrere Wochen hin eine sehr starke und in diesem Sinne auffällige Ausprägung dieses Verhaltens zeigt, dann raten die Experten, einen Spezialisten zu Rate zu ziehen.
Was sagt dein Bauchgefühl? Was ergibt ein sehr feinfühliges und diplomatisch geführtes Gespräch mit deinem Kind? Ist es eventuell möglich, einen Erwachsenen aus dem Umfeld deines Kindes nach seiner Meinung zu fragen, wie er/ sie dein Kind gerade sieht? Dazu gehören Lehrer, Freunde und zum Beispiel Trainer des Sportvereins.
Die konkrete Diagnose, ob es sich um Depression handelt kann und darf nur ein Arzt stellen. Von langem „Googlen“ im Internet rate ich diesem Fall deutlich ab. Es sei denn, dass es darum geht, einen guten Kinderarzt für die Diagnose zu finden.
Eine Recherche auf eigene Faust über die Symptome im Internet schürt nur eine Hysterie: ein Kind braucht definitiv jetzt einen starken Partner an seiner Seite. Nur das persönliche Gespräch eines Fachmannes mit dem Kind bringt Klarheit. Denn nur die individuellen Mosaiksteinchen helfen zu einem klaren Gesamtbild zur richtigen Diagnose.
Was mir persönlich auffällt ist die Tatsache, dass sich die Zahl der depressiven Kinder und Jugendlichen innerhalb weniger Jahre verdoppelt hat. Ob es daran liegt, dass wir heute ein größeres Bewusstsein dafür haben, dass auch Kinder und Jugendliche von Depression betroffen sein können?
Die Forschung weiß diese Frage auch nicht zu beantworten. Ich möchte nur wach dafür bleiben, dass in Amerika „Manische Depression“ bei Kindern und Jugendlichen auf dem Vormarsch ist, und dass ähnlich wie bei ADHS bereits Medikamente dagegen neu auf den Markt sind.
Im Ergebnis muss es NUR und AUSSCHLIEßLICH um das psychische und physische Wohl des Kindes gehen.
Und darum, etwas im eigenen Leben und im Leben des Kindes zu verändern.
Denn unterm dem Strich beinhaltet jede Erkrankung eine Chance: nicht weiter in die gleiche Richtung zu laufen, sondern an einem Punkt im Leben innezuhalten, zu reflektieren und dann eine Korrektur vorzunehmen. Denn jetzt weiter immer das Gleiche zu machen und darauf zu hoffen, dass sich etwas ändert, wäre fatal!!
Umdenken und neue Wege gehen, damit es ab hier und jetzt in eine andere Richtung geht.