Könnte ja sein, dass du vergessen hast, wie sich Erwachsenwerden anfühlt, während du dich gerade über deinen Teenager wunderst/ aufregst/ …
Pubertät fühlte sich an wie zwischen zwei Welten stehen. Die Kinderschuhe passen nicht mehr und die Erwachsenenschuhe sind noch zu groß.
Kindliche Gefühle der Geborgenheit und der Zugehörigkeit zu seinen Eltern auf der einen Seite.
Auf der andern Seite der sehnsüchtige Blick nach Selbständigkeit, Eigenverantwortlichkeit und Freiheit – und doch noch viel zu gebunden an die Familie, um das auch wirklich leben zu können.
Dazu kommt: das menschliche Gehirn baut sich in dieser sensiblen Zeit zu 90% um.
Neue Synapsen werden geschaltet, Umleitungen eingebaut und bestehende Verknüpfungen niedergerissen – nur um sie kurz danach wieder an anderer Stelle als fehlendes Puzzlestück zu ergänzen.
Eine menschliche Großbaustelle – ein ständiger Balanceakt zwischen Verkehrsinfarkt und -fluss.
Und wir denken wirklich, dass Schule jetzt gerade wichtig wäre? Oder Aufräumen? Oder eine gepflegte Konversation über den Tag?
Weit gefehlt – weil der Speicher einfach überlastet ist.
Wobei genau in der Überlastung oft das Dilemma besteht. Denn Teenager loten ihre Grenzen aus, testen jeden Tag auf‘s Neue, ob die „Gesetze von gestern“ noch ihre Gültigkeit besitzen. Springen förmlich mit Anlauf in jeden sich bietenden Konflikt – oder beschwören mal eben einen herauf, wenn noch keiner da ist.
Das geht an die Substanz. Dann kommt es nicht selten zu Streitigkeiten und Stress und am Ende zu Sätzen wie: „Geh in dein Zimmer! Ich will dich nicht mehr sehen …!“
Gefährlich für das kindlich-jugendliche Gehirn und die dazugehörige Gefühlswelt wird es insofern, da dieser Satz die Urangst eines jeden Menschens triggert:
Ausgeschlossen werden vom engsten Kreis – der Familie.
So jedenfalls fühlt sich der im Streit abgewiesene Teenager. Die Überlastung des System macht es ihm unmöglich hier rational zu differenzieren.
Worum geht es bei dieser Urangst? Ausschluss aus der Gemeinschaft bedeutete für unsere frühsten Urahnen eines: nämlich den Tod.
Einer allein konnte in der Wildnis nicht überleben ohne den Schutz der Sippe.
Diese Angst ist dieses seltsame Gefühl, die sich zeigt, wenn wir uns ausgeschlossen fühlen. Wir kennen sie alle wie eine ungeliebte, alte Bekannte, die plötzlich unvermittelt anklopft.
Zum Beispiel, wenn wir mitbekommen, dass wir nicht eingeladen werden zu einer Feier. Die Angst vor Ausschluss. Oder früher, als im Sportunterricht die Teams gewählt wurden und die weniger Sportlichen übrig blieben – neben der Scham ist es die Angst vor dem „Ich – Gehöre – Nicht – Dazu!“, die uns so zu schaffen gemacht hat und die der heutigen Generation der Jugendlichen ebenso zusetzt.
Soweit die unangenehme Nachricht. Die gute jedoch lautet: die Zeit spielt für uns Eltern!!! … irgendwann sind unsere Kinder da von selbst durch!!! Versprochen!!!!
Wenn sich das alles also von selbst regelt, warum dann aufregen?
Noch besser: da du dies hier gerade liest, bist du demnach ein Erfolgsmodell, das die Pubertät überwunden hat – herzlichen Glückwunsch. Wenn du es geschafft hast, dann schafft es dein Kind auch.
Und bis dahin … möglichst gelassen bleiben, die Grenzen diplomatisch setzen, der Achtsamkeit die Türe öffnen, abwarten und Tee trinken!
Oder vielleicht fängst du ja mit dem Meditieren an … ziehst deine engen Erwachsenen-Schuhe aus und legst die Füße hoch – damit auch du wieder in deine in deine eigene Mitte kommst. 🙌🏻😉