Wenn es einen Schlüssel geben würde, der die Tür zum Erfolg aufsperrt, und dieser Schlüssel wäre die Achtsamkeit… Würdest du diesen Schlüssel dann für dein Kind verwenden?
Wir lieben unsere Kinder und klar ist es eines unserer Ziele als Eltern, dass unsere Kinder in ihrem Leben nicht nur glücklich und selbstbewusst sind, sondern auch erfolgreich. Aber erfolgreich durch Achtsamkeit?
Die Verbindung zwischen Achtsamkeit und Erfolg auf diese Komponente zu reduzieren, wäre zu einfach. Doch lies selbst, welche vielen Möglichkeiten der Schlüssel Achtsamkeit aufschließen kann…
Und ja, soviel sei verraten, ein Nebenprodukt davon ist, dass Menschen (nicht nur Kinder und Jugendliche) durch Achtsamkeit auch leistungsfähiger werden.
Doch beginnen wir von Anfang an. Achtsamkeit ist keine Methode, die du dir und deinem Kind antrainierst, sondern eine innere Haltung, die das ganze Leben beeinflusst.
Achtsamkeit erzeugt in uns das gleiche Gefühl wie eine feste Beziehungsbindung. Wenn sich Kinder sicher und gesehen fühlen, also eine sichere Bindung haben, entwickeln sie ganz natürliche Resilienz gegen alle möglichen inneren und äußeren Herausforderungen. Das gleiche Grundgefühl erzeugt Achtsamkeit.
Kompetenzen im Bereich emotionale Intelligenz, Resilienz und Teamfähigkeit werden im Leben unserer Kinder eine immer wichtigere Rolle spielen.
Diese werden in der Gesellschaft von morgen weitaus mehr gefordert werden, als wir uns dies jetzt vorstellen können.
Dazu kommt, dass die Beschleunigung in der Gesellschaft und Berufswelt noch nie so extrem war wie heute.
Kinder innerlich so zu stärken dass sie mit dieser Schnelligkeit klarkommen ist jetzt also eine wichtige Aufgabe. Nur haben wir bislang noch viel zu wenig Aufmerksamkeit darauf verwendet. Unsere Kinder werden sich im Laufe ihres Lebens immer wieder neu erfinden müssen in diesem Zusammenhang ist die Entwicklung psychischer Ressourcen bedeutungsvoller als nur reiner Wissenserwerb.
Wenn Kinder weitgehend im Einklang mit sich selbst aufwachsen können, sind sie mehr in Kontakt mit ihren wahren Bedürfnissen, ihrem wahren Selbst. Dadurch wird es ihnen auch bewusster, wenn sie sich von sich selbst entfernen.
Und gleichzeitig entwickeln Sie eine Art Grundvertrauen: sie werden resilienter, können mit Veränderungen kreativer umgehen und sich Herausforderungen stellen, statt von Angst Depression, Angst, Wut oder sogar Hass überwältigt zu werden.
Wenn du jetzt aber denkst, dass ab jetzt in deiner Erziehung deiner Kinder beziehungsweise Begleitung deiner jugendlichen Kinder in deiner Familie einfach hin und wieder mal Achtsamkeit auf dem Programm steht … so funktioniert es nicht. Für Achtsamkeit gibt es nämlich kein Patentrezept, sie ist keine antrainierbare Methode, kein vorgefertigtes Programm – es ist eine Lebenseinstellung, die gelebt und vorgelebt wird.
Achtsamkeit für Kinder bedeutet in erster Linie: mit deinem Kind oder Jugendlichen insgesamt eine Haltung einnehmen, dass wir selbst die Verantwortung für unsere Gefühle übernehmen können und ins Vertrauen gehen, dass jede Situation im Leben eine Chance beinhaltet : die wir dann besser nutzen können, wenn wir unserer eigenen Ressourcen bewusst sind, Gelassenheit und Konzentration anwenden und dann aktiv werden können. Handeln kann dabei auch bedeuten, eine Situation so anzunehmen und somit den Kampf dagegen aufzuhören und daraus neue Wege entstehen zu lassen.
Wie kannst du als Mutter oder Vater dein Kind darin unterstützen?
Dein Kind so sehen, fühlen und annehmen, wie es ist.
Ihm spüren lassen, dass du es um seiner selbst willen liebst und nicht um die Bereiche, die es leistet oder kann.
Das gilt vor allem auch für unsere jugendlichen Kinder. Gefühlt ist diese Zeit extrem mit Kritik belastet: von beiden Seiten. Da gilt es einen Separator zu setzen. Eine Zäsur, die beide Seiten wieder dazu bringt, sich gegenseitig Respekt und Toleranz entgegen zu bringen.
Eines ist dabei ganz wichtig: DU als Erwachsener fängst damit an. Derjenige mit Lebenserfahrung und Reife ändert etwas an seiner Denk – und Verhaltensweise. Und plötzlich ändert sich das ganze System.
Es geht darum, wie du mit deinen Kindern Jugendlichen umgehst. Um deine innere Haltung zu deinen Mitmenschen, zu deiner Familie, zu deinem Leben. Achtsamkeit ist keine isolierte Methode. Achtsamkeit ist eine allumfassende und alles miteinander verknüpfende, sich gegenseitig bedingende Lebenseinstellung.
Erzähl deinem Teenager bitte nicht, dass er sich respektvoll dir gegenüber äußern soll und schimpfe dann lautstark über den Depp von Autofahrer, der wieder viel zu langsam vor dir herfährt. Fordere nicht Wertschätzung von deinem Pubertier und checke abends beim Essen, wer dir gerade eine WhatsApp-Nachricht geschrieben hat. Da wäre der andere dann mehr wert, als dein Gegenüber.
Achtsamkeit ist ein innerer Kompass. Diesen Kompass in deinem und eurem Leben zu integrieren und darauf zu achten: sowohl geleitet durch deine Intuition wie auch durch dein Wissen ist der Weg, der zur Achtsamkeit führt.
Achtsamkeit üben heißt: ich widme für mich dieser einen Aufgabe jetzt im Augenblick.
Wenn du mit deinem Kind / Jugendlichen anfängst, etwas zu tun, frage dich: bin ich jetzt im Augenblick wirklich mit meiner ganzen Aufmerksamkeit bei dieser Aufgabe?
Spüre nach, ob es in dir etwas gibt, was sich dagegen sträubt, diese Aufgabe zu tun beziehungsweise was deine Aufmerksamkeit innerlich oder äußerlich bindet.
Finde in dir die Möglichkeit, die Konzentration zu bündeln beziehungsweise ein intervenierendes Gefühl zu regulieren.
Dies erfordert oft nur kleine Tools, mit denen du selbst die Gefühle wahrnehmen und dann regulieren kannst.
Dazu zählen zum Beispiel bestimmte Akupressurpunkte, die Arbeit mit ätherischen Ölen, das Wissen um Körper-Feedback, das Bewusstsein um die eigene Stimme in dir, Meditation, Mentaltraining.
Achtsamkeit ist tatsächlich eine äußerst wertvolle Quelle, um eigene Qualitäten wie Offenheit, Unvoreingenommenheit und Empathie aber auch ein sich selbst schätzendes Gefühl zu kultivieren.
Wissenschaftliche Studien bei Kindern und Jugendlichen belegen, dass zu den positiven Effekten der erhöhten Aufmerksamkeit auch eine erhöhte Konzentrationsfähigkeit und vor allem eine bessere Regulation von Emotionen, die Stärkung des Immunsystems und eine vermehrte Ausschüttung eines bei der Zellteilung wichtigen Enzyms (Telomerase) erfolgt.
Es stimmt, dass sowohl Kinder als auch Erwachsene leistungsfähiger werden, wenn sie gelassener sind, ihre Emotionen besser regulieren und ihre Aufmerksamkeit besser fokussieren können. Verbesserte Leistungsfähigkeit ist somit der Nebeneffekt, wenn Menschen mit sich selbst mehr im Einklang sind.
Einen weiteren Nebeneffekt zeigen Forschungsergebnisse aus Großbritannien: diese bewiesen, dass die Leistungen von Kindern tatsächlich besser werden, wenn sie Achtsamkeitsübungen erlernen. Aber sie werden auch insgesamt wacher für Zusammenhänge und stehen mehr zu sich selbst. So wehren sie sich zum Beispiel dann auch häufiger gegen eine ungerechte Behandlung durch Lehrkräfte oder mit Schüler. Ein riesiges Plus zur Prävention von Mobbing.
Wenn jedoch deine Absicht darin besteht, dein Kind durch Achtsamkeit leistungsfähiger zu machen, wird das so nicht funktionieren.
Schon Goethe sagte: „Ich spürt die Absicht und bin verstimmt.“ Kinder haben feine Antennen und wissen, wenn wir Eltern etwas mit einer bestimmten Intention tun und diese nicht eindeutig darin besteht, das Kind an sich zu unterstützen.
Da ist dann auch eine gehörige Portion eigenes Ego der Eltern mit dabei. Deswegen funktioniert es nur zum Teil, wenn Eltern ihre Kinder zu Konzentrationsübungen veranlassen oder ihre Jugendlichen zur Mediation bringen wollen. Es darf von innen heraus entstehen: im System Familie. Nicht in der von oben nach unten Hierarchie.
Worum geht es eigentlich?
Erfolg in der Schule und ein Kind, das so mit sich zufrieden ist, wie es ist?
Denn wenn wir unseren Kindern beibringen, dass Achtsamkeit dazu da ist, um leistungsfähiger zu werden und wir unseren Kindern damit unsere eigenen Ziele für ihr Leben überstülpen, werden sie lernen, dass Achtsamkeitsübungen wie Meditation letztlich eine Art Manipulation sind.
Ansätze für Achtsamkeit gibt es viele. Aber: jedes Kind ist neu und individuell unterschiedlich genetisch prädisponiert und vom der Umwelt geprägt: von daher kann es keine allgemeingültigen Patentrezepte geben. Es geht wie gesagt um das Kultivieren einer inneren Haltung, die es uns ermöglicht, mehr und mehr zu sehen beziehungsweise spüren, was dein Kind wirklich braucht.
Sind wir jetzt wieder bei uns Eltern?
Ja, das sind wir.
Jedoch gleich vorneweg: gibt es keine ideale kindgerechte Erziehung. Es wäre sogar schädlich, so ein Ideal anzustreben. Wenn wir dem als Eltern folgen, setzen wir uns in unter enormen Druck, was dazu führt, dass wir nicht mehr gelassen und authentisch mit uns in Kontakt sein können – und noch viel weniger mit unseren Kindern und Teenagern. Wir haben ein ständiges Gefühl, nicht genug zu sein und das teilt sich den Kindern mit. Im Leben mit unseren Kindern geht es vor allem um Menschlichkeit und nicht um Perfektion.
Es macht keinen Sinn, dass wir unseren Kindern Achtsamkeit lehren wollen, sie jedoch selber nicht leben.
Ganz ehrlich?
Lass dein Kind in Frieden und praktiziere lieber selbst Achtsamkeit.
Denn wenn wir unsere Kinder achtsam erziehen, damit sie in ihrem Leben selbstbewusste, erfolgreiche und achtsam leben können, es selbst aber nicht leben, dann ist es nicht mehr authentisch und wird von den Kindern durchschaut.
Was können wir Eltern also tun?
Zuallererst: sei dein bester Freund und gehe liebevoll mit dir um. Vor allem Eltern, die eigentlich schon ihr Bestes tun, sind oft sehr hart zu sich selbst: viel härter, als sie es gegenüber einem guten Freund in der gleichen Situation wären.
Im Leben mit Kindern sind wir immer wieder schwierigen Situationen ausgesetzt. Da wird es nicht leichter für uns, wenn wir einen inneren Kritiker im Hinterkopf haben, der uns spüren lässt, was wir für ein Versager sind. Wir bräuchten das, was wir uns selbst als ein guter Freund wären: dass wir uns beistehen und den Rücken stärken, wenn es schwierig wird.
Liebevoll mit dir selbst umgehen, dir deiner Stärken bewusst sein, Möglichkeiten in deinem Alltag finden, wie du für dich sorgen kannst und auftanken kannst. Freude in den kleinen Pflichtarbeiten finden, die der Alltag für uns bereithält.
Aufhören, alles zu bewerten und interpretieren: wir verletzen uns dabei häufig nur selbst.
Einfach auch mal fünfe gerade sein lassen und den Mut haben, dass du anders bist, unperfekt, einzigartig.
Akzeptieren, dass dein Leben jetzt gerade genau die Möglichkeit zum Wachstum und zur Entfaltung für dich und dein Kind bereithält, die du gerade brauchst. Und bewältigen kannst.
Siehst du, verstehst du, spürst du, dass Achtsamkeit keine einzelne Technik sein kann? Es ist alles in einem und eines für alles: Selbstliebe, Gelassenheit, Konzentration, Optimismus, Selbstvertrauen, Wertschätzung, Demut, Verantwortungsbewusstsein!
Wenn es uns gelingt, Bedingungen zu schaffen, dass Kinder mit sich selbst in Einklang aufwachsen und sie das in ihnen angelegte Potenzial soweit wie möglich entfalten können, ist das die beste Vorbereitung für ihr zukünftiges selbstbestimmtes Leben.
Hinweis: Die kleinen Tools, von den oben gesprochen wurde, mit denen du deine Achtsamkeit beziehungsweise die Achtsamkeit deines Kindes und Jugendlichen ganz leicht fördern und unterstützen kannst findest du in meinem Eltern-Journal, das im Herbst online zur Verfügung stehen wird.
Quellen zum Weiterlesen:
-Lienhard Valentin (Bücher zum Thema Erziehung und Gelassenheit)
-Susan Kaiser Greenland (Achtsamkeitsübungen und Meditationen für Kinder und Jugendliche)
-Daniel Siegel (Unterstützung zur Resilienz)
-Professor Doktor Gerald Hüther (Neurobiologe, Akademie zur Potenzialentwicklung)
-Natur& Heilen (Zeitschrift für Heilpraktiker mit vielen Themen zur Achtsamkeit)
-Prof Remo Largo (Kinderarzt und Autor zum Thema optimale Entfaltung von Kindern)
-Lois Colzolino (Vertreter von bildungsorientiertem Unterricht mit Fokus auf Zusammengehörigkeit und Verbundenheit)